Du hast einen Roman veröffentlicht, aber nichts klappt, wie es soll. Kaum jemand kauft dein Buch, die wenigen Leser beschweren sich in den Rezensionen über Mängel und Langeweile. Nun lohnt es sich, genau hinzuschauen: Wie konnte es zu diesem Misserfolg kommen?
Auch wenn es schmerzhaft sein kann, sich mit dem eigenen Scheitern zu beschäftigen – wenn der Erfolg ausbleibt, ist es sinnvoll, nicht einfach weiterzumachen, sondern in Ruhe zu schauen, was schiefgelaufen ist.
Solch eine rückblickende Untersuchung nennt man im Projektmanagement Post-mortem-Analyse, und sie kann helfen zu verstehen, woran es noch hapert, aber auch was bereits gelungen ist.
Selfpublisher mit großer Verantwortung
Besonders für Selfpublisher kann es schwierig sein, sich eigenen Fehlentscheidungen bewusst zu werden und aus ihnen Lehren zu ziehen. Oft ist es leichter, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben: Der Korrektor hat schlampig gearbeitet, die Cover-Designerin hat die Vorgaben nicht richtig umgesetzt, die Leser sind zu blöd …
Letztlich ist es jedoch der Autor, der die Verantwortung für das Buch übernehmen muss. Er ist nicht nur für das Wesentliche, nämlich die Geschichte, verantwortlich, sondern kann auch entscheiden, wer zu seinem Team gehört.
Selfpublisher müssen sich also im Angesicht von Enttäuschungen und Misserfolgen fragen, ob sie die richtigen Entscheidungen getroffen haben und ob sie diese wieder so treffen würden. Konkret kann man untersuchen:
- Ist meine Geschichte so gut, wie ich dachte? Ist sie besonders, schon fertig und handwerklich gut umgesetzt? Was sind allgemein meine Stärken und Schwächen beim Schreiben?
- Spricht das Thema oder die Handlung ein breites Publikum an, oder gehe ich vor allem meinen ganz individuellen Interessen und Vorlieben nach? Gibt es eine Nische für meine Geschichte?
- Habe ich auf die Kritik von Vorablesern gehört und das Manuskript dementsprechend überarbeitet? Oder habe ich mein Buch überstürzt veröffentlicht?
- Waren meine Erwartungen bezüglich des kommerziellen Erfolgs realistisch? Habe ich erwartet, auf der SPIEGEL-Bestsellerliste zu landen, oder wäre ich schon mit dem Verkauf einer kleinen Auflage von ein paar Hundert Exemplaren zufrieden?
- Waren meine Erwartungen an das Lektorat realistisch? War mir klar, dass auch ein guter Lektor aus einem mittelmäßigen Manuskript kein herausragendes Buch machen kann? Brauche ich eher motivierendes Lob oder einen strengen Blick auf das Manuskript?
- War mein Timing richtig? Oder war der Markt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits total überlaufen und der Trend vorbei?
- Ist mir die Ansprache meiner Zielgruppe gelungen? Haben die passenden Medien und Blogs über mein Buch berichtet? Ergeben Cover, Klappentext und Werbemaßnahmen ein stimmiges Gesamtbild?
Stärken ausbauen, aus Fehlern lernen
Wichtig bei der Post-mortem-Analyse ist, sachlich zu bleiben und auch die eigenen Stärken zu erkennen. Es hilft, sich diese einmal bewusst zu machen, um sie auszubauen.
Auch Fehler sollte man annehmen, selbst wenn das unangenehm sein kann. Sie gehören zum Lernprozess dazu und tragen zur Verbesserung bei. Auf Grundlage einer Fehleranalyse lässt sich meist klar erkennen, was man beim nächsten Projekt anders machen könnte.
Es lohnt sich auf jeden Fall, dazuzulernen und das bestmögliche Buch zu erschaffen. Denn auch wenn herausragende Bücher manchmal scheitern – sie scheitern seltener als Bücher, die schlecht oder nur ganz okay sind.
